Das internationale Währungsregime bestimmt die sozialen Auswirkungen der wirtschaftlichen Integration, wie in den Analysen von Polanyi und Ruggie zur “embeddedness” herausgearbeitet wurde. Diese Erkenntnis wurde jedoch in der Polanyi-inspirierten Debatte über die sozialen Konsequenzen der europäischen Integration vernachlässigt. Die Literatur hat sich auf den Europäischen Gerichtshof und die Kommission als supranationale Durchsetzer der Rechtslogik der Integration konzentriert und die Rolle der Europäischen Zentralbank (EZB) als supranationalen Durchsetzer der Wirtschaftslogik der Integration vernachlässigt. Unsere Mixed-Methods-Analyse von öffentlichen Reden und anderen Dokumenten bietet die erste umfassende Untersuchung der Präferenzen der EZB für Strukturreformen im Zeitraum 1999-2019. Es zeigt sich, dass die EZB trotz fehlendem Mandat und Autorität, nationale Institutionen direkt zu ändern, durch diskursive Werbung, Geldpolitik und Konditionalität auf Strukturreformen drängte. Unsere Ergebnisse legen nahe, dass die Aussichten für Polanyische nicht-marktförmige Koordination sowohl von Frankfurt als auch von Luxemburg und Brüssel bestimmt werden.
Der Referent Benjamin Braun ist Senior Researcher am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln. Seine aktuellen Forschungsprojekte konzentrieren sich auf die Politik der Zentralbanken und auf die politische Ökonomie des Asset Manager-Kapitalismus. Benjamins Arbeit wurde unter anderem in Socio-Economic Review, Review of International Political Economy und Economy and Society veröffentlicht. Zur Diskussion stehen Cyril Benoît von Sciences Po, CEE, CNRS und Mattia Lupi von Sciences Po, CEE & MaxPo zur Verfügung. Die Teilnahme an dem Seminar erfordert eine obligatorische Registrierung. Für weitere Informationen kontaktieren Sie bitte contact.cee@sciencespo.fr.