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Friday, September 20, 2024

Auf der Frankfurter Buchmesse trifft Verlagswesen auf Identitätspolitik.

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Bleiben Sie mit kostenlosen Updates informiert. Melden Sie sich einfach für den Life & Arts myFT Digest an – direkt in Ihrem Posteingang zugestellt. Es stellt sich die Frage, was man mit rechten Verlagen anfangen soll. Früher waren die wenigen Verleger von konservativen bis rechtsextremen Texten unter den vielen Ausstellern auf der Frankfurter Buchmesse verloren. Angesichts der politischen und sozialen Veränderungen in Deutschland, insbesondere dem Aufstieg der nationalistischen Alternative für Deutschland, ist ein niedriges Profil jetzt keine Option mehr.

Auf der letzten Messe wurden die Stände der rechten Verleger von Protestierenden angegriffen. Es gab Forderungen, diese Verleger vom diesjährigen Besuch auszuschließen – etwas, was die Organisatoren ablehnten. Stattdessen wurden die Aussteller an den Rand gedrängt, jenseits der Verleger von Adventskalendern und abseits jeglichen Publikumsverkehrs. Junge Freiheit bot bunt illustrierte Geschichten großer Momente der deutschen Geschichte und altmodisch aussehende Werke über konservatives Denken. Gegenüber stand Manuscriptum mit aggressiven Abrechnungen mit dem Erbe der sozialen Revolution von 1968 und dem Zustand der deutschen Politik und Gesellschaft, von den “Mythen” der Gleichheit und Konsens bis zu den inhärenten Fehlern der Globalisierung und des Kapitalismus.

Fragestellungen zur Identität und was veröffentlicht werden soll oder nicht, bildeten auch die Grundlage für den diesjährigen Deutschen Buchpreis, die deutsche Version des Prix Goncourt oder Man Booker. Ein Unterscheidungsmerkmal des diesjährigen Preises: vier der sechs Autoren der Shortlist haben einen nicht-deutschen oder gemischten nationalen Hintergrund, von denen drei Deutsch als Zweitsprache schreiben. Der Gewinner, Inger-Maria Mahlke, ist eine spanisch-deutsche Schriftstellerin, deren Roman “Archipel” eine mehrere Generationen umfassende Familiengeschichte und eine europäische Geschichte des letzten Jahrhunderts verwebt.

Bei einem Treffen nach der Verleihung erklärt Joachim Unseld, Verleger und einer der Schöpfer des Preises, dass die wachsende Zahl deutscher Schriftsteller mit Migrationshintergrund klassisches Erzählen wieder in die deutsche Literatur eingeführt hat. Seine positive Einstellung steht im Gegensatz zum weitverbreiteten Bedauern unter deutschen Verlegern. Nach einer anderen Perspektive begab sich der Autor in den Keller der schäbigen und angesagt hippen Station in Frankfurt, wo Oliver Polak, einer der Top-Komiker Deutschlands, sein neuestes Buch vorstellte: “Gegen den Judenhass”. Polak, in den 1970ern geboren und dessen Familie die einzige jüdische Familie in seiner norddeutschen Heimatstadt war, sprach gemeinsam mit James und David Ardinast, zwei Stars der lokalen Restaurantszene, über ihre Erfahrungen als Juden in Deutschland und den zunehmenden Antisemitismus.

Sein letzter Besuch auf der Buchmesse war vor fast 20 Jahren, als er mit Gore Vidal zu Mittag aß. Über Gänseleberpastete sprachen sie über amerikanische Geschichte – sein Lebenswerk. Vidal prophezeite, dass die amerikanische Republik der gleichen Bahnhof wie das antike Rom ist, nur schneller. Wir können nur vermuten, was Vidal, der 2012 verstarb, von Donald Trump gehalten hätte. Für Verleger ist der 45. Präsident eine zweischneidige Waffe. Die meisten in der Branche sind instinktiv liberal, aber Trump ist gut fürs Geschäft. Amerikanische Verleger verzeichneten steigende Verkaufszahlen politischer Bücher – wie einer bemerkte: “Trump ist der Buchverkäufer im Chefsessel”.

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