Die vergessene Pionierin: Margarete Schütte-Lihotzky zwischen Architektur und Widerstand
Margarete Schütte-Lihotzky: Architektin, Widerstandskämpferin und Pionierin der sozialen Gestaltung
„Ich habe in meinem Leben viel mehr gemacht als nur das!“ – Diese kraftvollen Worte von Margarete Schütte-Lihotzky, einer der bekanntesten Architektinnen des 20. Jahrhunderts, fassen den Geist ihres Lebens und Schaffens perfekt zusammen. Trotz der weltweiten Anerkennung für die von ihr entworfene Frankfurter Küche, die 1927 entstand, war ihr Wirken weit reichen: Sie war eine engagierte antifaschistische Widerstandskämpferin, eine Aktivistin gegen den Vietnamkrieg, eine militante Feministin und eine überzeugte Kommunistin, die ihr Leben der Sache der Arbeiterklasse widmete.
Diese Facetten ihres Lebens und Schaffens werden derzeit in der Ausstellung „Margarete Schütte-Lihotzky: Pioneering Architect. Visionary Activist“ im Österreichischen Kulturforum in New York gewürdigt. Die Ausstellung, die am 11. März eröffnet wurde und von Dr. Stephanie Buhmann und Dr. Bernadette Reinhold kuratiert wurde, zeigt originale Zeichnungen, architektonische Pläne und Modelle sowie persönliche Fotografien und Korrespondenzen, die ihre bemerkenswerte Lebensgeschichte erzählen.
Einblick in das Leben einer Pionierin
Margarete Schütte-Lihotzky wurde am 23. Januar 1897 in Wien geboren und studierte an der Kunstgewerbeschule in Wien. Ihre sozialen Ideen und ihre Verantwortung für die Gesellschaft prägten ihre spätere Karriere. In einer Zeit, in der die Wiener Stadtregierung soziale Reformen in den Mittelpunkt stellte – bekannt als „Rotes Wien“ – gehörte Schütte-Lihotzky zu den Architekten, die aktiv an der Gestaltung sozialer Wohnungsprojekte mitwirkten.
Ihre erste bedeutende Auftragsarbeit erhielt sie 1921, als sie das Erste Gemeinwirtschaftliche Siedlungswerk für österreichische Kriegsveteranen entwarf. 1926 folgte der Auftrag, Küchen für Arbeiter in Frankfurt zu gestalten, der zur legendären Frankfurter Küche führte, von der über 10.000 Exemplare in den Wohnungen installiert wurden.
Widerstand gegen das Dritte Reich
Mit dem Aufstieg des Faschismus in Europa engagierte sich Schütte-Lihotzky zunehmend politisch. 1930 gehörte sie zur „Mai-Brigade“, einer Gruppe kommunistischer Architekten, die in die Sowjetunion auswanderte und dort Schulen und Kindergärten entwarf. Doch ihre künstlerische Karriere wurde jäh unterbrochen, als sie 1941 von der Gestapo verhaftet und zu 15 Jahren Zwangsarbeit verurteilt wurde.
Nach ihrer Befreiung durch US-Truppen 1945 kehrte sie nach Österreich zurück und beteiligte sich am Wiederaufbau von Wien. Sie setzte sich für die Schaffung von Einrichtungen für Kinder ein und entwarf unterschiedliche Projekte, darunter Kindergärten und Einrichtungen für arbeitende Mütter.
Die Ausstellung: Ein neuer Blick auf Schütte-Lihotzky
Die aktuelle Ausstellung im Österreichischen Kulturforum präsentiert nicht nur die Märtyrerin der Architektur, sondern fordert auch dazu auf, die oft einseitige Sichtweise auf ihr Werk zu hinterfragen. Während der Fokus auf der Frankfurter Küche liegt, zeigt der unterirdische Bereich der Ausstellung eine andere Dimension ihres Lebens: hier werden Schütte-Lihotzkys persönliche Aufzeichnungen aus der Gefangenschaft und ihr Widerstand gegen die Nazis sichtbar.
„Margarete Schütte-Lihotzky ist als Architektin bekannt, doch zu wenig über sie als politische Persönlichkeit bekannt“, merkt Elisabeth Holzinger an.
Feministische Perspektiven und das Erbe der Architektin
Die Ausstellung hinterlässt einen bleibenden Eindruck: Wie konnte eine so mutige und innovative Frau im Schatten ihrer männlichen Kollegen stehen, die oft von der Geschichte gefeiert werden? Die Antwort liegt in den gesellschaftlichen Strukturen und dem Patriarchat, das den Zugang zu Anerkennung und Ressourcen für Frauen im Beruf erschwert.
In den letzten Jahren hat die Relevanz von Schütte-Lihotzky und ihrer Arbeit neue Aufmerksamkeit erfahren. Die Frage, warum die Männer der Bauhaus-Bewegung mit ihrem Schaffen gefeiert werden, während eine Kämpferin wie sie oft vergessen wurde, bleibt von zentraler Bedeutung.
Möge die Ausstellung dazu beitragen, das Vermächtnis von Margarete Schütte-Lihotzky als Architektin, Aktivistin und Vorreiterin für soziale Gerechtigkeit in das Bewusstsein größerer Kreise zu rücken. Ihre Geschichte ist nicht nur die von architektonischen Errungenschaften, sondern auch ein eindringlicher Aufruf zur Handlung für die nächsten Generationen.
Die Ausstellung „Margarete Schütte-Lihotzky: Pioneering Architect. Visionary Activist“ ist bis zum [Datum] im Österreichischen Kulturforum in New York zu sehen. Ein Besuch ist nicht nur eine Reise in die Geschichte, sondern auch eine Aufforderung, die Prinzipien sozialer Gerechtigkeit, für die Schütte-Lihotzky kämpfte, lebendig zu halten.