Kurz vor 14 Uhr in Wien, Österreich, warten seit einem Monat immer freitags eine kleine Gruppe von Menschen vor dem Gebäude in der Franzensgasse 16. Die meisten von ihnen sind Frauen. Endlich schlägt die Uhr 14 Uhr, die Zeit, zu der Besucher die ehemalige Wohnung der Architektin Margarete Schütte-Lihotzky besichtigen dürfen, die kürzlich in ein Museum umgewandelt wurde. Schütte-Lihotzky hatte die Idee, die Dachböden moderner Gebäude in kleine Wohnungen umzuwandeln. Auf diese Weise konnten die Frauen im selben Gebäude wie Arbeiter in Frankfurt leben, anstatt in getrennten Residenzen für Alleinstehende zu wohnen, die damals in Deutschland üblich waren.
Nachdem die Architektin 1969 in den Ruhestand gegangen war, war sie selbst auf der Suche nach einer Wohnung in Wien. Die Wohnung, die sie fand, war 55 Quadratmeter groß und bestand aus einer Küche, einem Badezimmer und einem Wohnzimmer mit Schlafbereich – dem gleichen Grundriss, den sie für unabhängige Frauen im Deutschland der Zwischenkriegszeit entworfen hatte. Jahre später zog die Kunsthistorikerin Ulrike Jenni in die Wohnung ein und machte bedeutende Veränderungen an der Einrichtung. Als der Verein Margaret Schütte-Lihotzky Zentrum beschloss, die Wohnung in ein Museum umzuwandeln, musste sie zunächst restauriert werden.
Die Restaurierungsarbeiten begannen im Jahr 2021, nachdem das Haus offiziell als Denkmal geschützt wurde. Der Eintrittspreis von 5 US-Dollar für das Museum fließt in die zweite Phase der Restaurierung, zu der der Wiederaufbau des Kamins im Wohnzimmer und die Restaurierung der berühmten Frankfurter Küche gehören, die von Schütte-Lihotzky entworfen wurde. Heute werden die restaurierten Möbel in der Wohnung als Hommage an das Design des letzten Jahrhunderts präsentiert, darunter auch eine Lampe von Adolf Loos. Schütte-Lihotzky, die 1897 in Wien geboren wurde und bis zum Beginn des neuen Jahrtausends lebte, hat viele einflussreiche Designs geschaffen, darunter die berühmte Frankfurter Küche.
Schütte-Lihotzky wurde nach dem Ende des Dritten Reiches im Jahr 1945 freigelassen, erhielt jedoch aufgrund politischer Gründe (sie war immer noch Kommunistin) nur wenige Aufträge. In ihren letzten Berufsjahren entwarf die Architektin Kindergärten für die DDR, nahm an wichtigen Konferenzen teil und setzte sich für feministische Anliegen ein. Heute haben sich die Einstellungen gegenüber Schütte-Lihotzky stark verändert, und in Wien stehen die Menschen Schlange, um ihre kleine Wohnung zu besichtigen.