Als ich am Montag die breaking news in Deutschland las: “Mann stößt Jungen vor Zug”, war ich zutiefst bewegt. Tränen standen in meinen Augen und tausend Gedanken schossen mir durch den Kopf. Aber wie immer bei solchen Tragödien war mein erster Gedanke: “Hoffentlich war es kein Ausländer”.
Als Vater dachte ich sofort an die Familie des Jungen und an seine Mutter, die auch auf die Gleise gestoßen wurde, aber überlebte. “Wie kann jemand so etwas tun? Was trieb diesen Mann an?” fragte ich mich. Dann las ich, dass die Polizei einen Verdächtigen festgenommen hatte – einen 40-jährigen Mann aus Eritrea.
Es war klar, was als nächstes passieren würde: Die Motive des Mannes wurden überlagert, als seine Nationalität zum zentralen Schwerpunkt der Geschichte wurde – als ob die Herkunft eines Täters entscheidend für seinen Charakter sei. Wieder einmal muss ich mich mit Kneipenklischees auseinandersetzen: “Die Ausländer”, “der Migrant”, “sie sind alle gefährlich, alle potenzielle Angreifer”.
Mein nigerianischer Nachbar hat diese Woche den Bus und die U-Bahn gemieden. Als ich ihn fragte, warum er jetzt mit dem Auto zur Arbeit fährt, sagte er, dass er sich unwohl fühlte, öffentliche Verkehrsmittel nach Hause zu nehmen. Die Menschen warfen ihm verächtliche Blicke zu, flüsterten miteinander und dann hörte er einen rassistischen Slogan. Unbehagen wurde schnell zu Angst. Ich kann das total nachvollziehen!
Als ich im Radio hörte, dass ein Massenstreit in einem Schwimmbad dazu führte, dass die Einrichtung schließen musste, dachte ich wieder: “Hoffentlich waren es keine Ausländer!” Dann sagte die Sendung: “Die meisten der 40 Randalierer stammen aus Nordafrika.” Wieder dachte ich: “Um alles noch schlimmer zu machen – Muslime!” Wieder muss ich mich erklären. Wieder muss ich verurteilen, was 40 Rüpel getan haben, nur weil die meisten von ihnen die gleichen religiösen Überzeugungen haben wie ich. Das hat sich nicht geändert, trotz der Tatsache, dass die Düsseldorfer Polizei und Bürgermeister die Zahl der Randalierer sowie ihre Herkunft heruntergesetzt haben.
Ich möchte klarstellen, und wahrscheinlich nicht zum letzten Mal, dass ich jeden grausamen Akt, jeden Angriff oder jedes Verbrechen von Migranten, Muslimen, Christen, Deutschen oder von jedem anderen vehement verurteile. Die deutsche Gesellschaft muss erkennen, dass viele Menschen mit Migrationshintergrund nach solchen Angriffen, einschließlich mir, weiterhin täglich mit Hass und rassistischen Beschimpfungen konfrontiert werden.