John Akomfrah, geboren 1957, schafft nachdenkliche Videowerke von beklemmender audiovisueller Intensität. Er erzählt von den radikalen Veränderungen und Krisen der Gegenwart und Vergangenheit auf charakteristischen Großbildschirmen. Vom 9. November 2023 bis zum 28. Januar 2024 präsentiert die Schirn Kunsthalle Frankfurt erstmals eine umfassende Übersicht über das Werk des Künstlers in Deutschland, mit einer Auswahl von drei wichtigen Mehrkanal-Installationen aus den letzten Jahren: The Unfinished Conversation (2012, 54:48 Minuten), Vertigo Sea (2015, 48:30 Minuten) und das neue Werk Akomfrah’s, Becoming Wind (2023, 31:45 Minuten).
Als Mitbegründer des einflussreichen in London ansässigen Black Audio Film Collective (gegründet 1982) verwebt Akomfrah neu gedrehte Filmsequenzen mit Archivmaterial, um mehrschichtige, manchmal assoziative Collagen zu schaffen, häufig in Form gleichzeitiger Erzählstrukturen. Akomfrah’s immersive Installationen untersuchen kritisch koloniale Vergangenheiten, globale Migration und die Klimakrise. Er untergräbt eindimensionale historische Darstellungen, indem er es ermöglicht, dass mehrere Perspektiven in der Erzählung auftauchen, die Vorstellung von Linearität und die Illusion einer einzigen Wahrheit stören.
Dr. Sebastian Baden, Direktor der Schirn Kunsthalle Frankfurt, sagt: “Was John Akomfrah’s Werk so beeindruckend macht, ist die Konsequenz, mit der er narrative Stränge in Bezug auf Migration, Klimakrise und koloniale Vergangenheiten verknüpft. Er möchte als internationaler Künstler das Bewusstsein für diese großen zeitgenössischen Themen schärfen. Seine zeitlosen Installationen verbinden neu gedrehte Sequenzen mit Archivmaterial, um Bilder zu schaffen, die mit eindrücklicher Emotionalität aufgeladen sind. Es gibt keinen besseren Moment als jetzt, um Akomfrah’s komplexe Fragen zur Koexistenz von menschlicher Natur und Umwelt nach Deutschland und in die Schirn zu bringen, um sie hier zu diskutieren.”
Die Ausstellung beginnt mit einem Lesezimmer, das während der Öffnungszeiten der Schirn kostenfrei besucht werden kann, auch ohne Eintrittskarte für die Ausstellung. Die dort versammelten Publikationen stehen in direktem oder assoziativem Zusammenhang mit John Akomfrah’s Werk und den Kernthemen seiner Arbeit. Die Sammlung von Büchern aus seiner eigenen Bibliothek wurde um zusätzliche Bände ergänzt. Die Werke dieses Künstlers werden stets von umfangreicher Recherche vorangestellt, die sowohl Material über Film als auch eine Vielzahl von Büchern umfasst. Das offene Lesezimmer kann für verschiedene Aktivitäten genutzt werden: zum Stöbern, zum Nachdenken oder zum Gespräch.
Julia Grosse, die Kuratorin der Ausstellung, bemerkt: “John Akomfrah strebt danach, das Unsichtbare, Ungesagte und Ungehörte zu schaffen. Seine Installationen rufen poetische und kraftvolle Bilder hervor, um die Dringlichkeit dieser Themen zu beschreiben, doch ohne sie zu moralisieren. Als Künstler gelingt es ihm, komplexe Verbindungen auf eine multidimensionale und differenzierte Weise zu integrieren und darzustellen. Anstatt sich nur auf menschliche Sichtweisen zu beschränken, ist Akomfrah stets auf die Erzählungen anderer Lebensformen, die unseren Planeten teilen, wie Pflanzen und Tiere, bedacht. Seine Arbeit bietet einen Perspektivenwechsel und hinterfragt die Folgen kollektiven und individuellen Handelns. Grundlegend möchte er mit den Besuchern einen Raum der Empathie schaffen.”
Die Ausstellung John Akomfrah: A Space of Empathy wird von der Stadt Frankfurt unterstützt.
Ein Katalog JOHN AKOMFRAH: A SPACE OF EMPATHY, herausgegeben von Julia Grosse und Sebastian Baden, wurde veröffentlicht, mit Beiträgen von Julia Grosse und Nelly Y. Pinkrah, einem Interview mit dem Künstler John Akomfrah sowie einem Vorwort von Sebastian Baden.