Vor etwa einem Jahrzehnt war die US-amerikanische Rechte absolut besessen von dem Buch “Rules for Radicals” und seinem Autor Saul Alinsky. In dem Buch gibt Alinsky allgemeine Ratschläge für Personen, die in der lokalen Aktivismus involviert sind. Einige Ratschläge sind banal und intuitiv, andere sind eher bedeutungslose Mystik. Alinsky empfiehlt beispielsweise, den Aktivismus lustig zu gestalten, um ein Ausbrennen der Beteiligten zu verhindern.
Die Rechte interpretierte “Rules for Radicals” völlig anders und sah es als dunkles Buch an, das die satanischen Ambitionen der Linken beschreibt. Für Jahre war es ein Mainstream-Prämisse in der rechten Rhetorik, dass man so gut wie alles interpretieren konnte, was Linke taten, als Befolgung der darin festgelegten Anweisungen von Alinsky. Später wurde der Fokus auf “kulturellen Marxismus” und die Frankfurter Schule verlagert, aber auch hier schien die Rechtsanalyse wenig mit den tatsächlichen Texten zu tun zu haben.
Kritische Rassentheorie (CRT) ist ein weiteres Thema, das die Rechte in den letzten Jahren stark beschäftigt. Die Rechte entdeckt regelmäßig obskure Texte oder Theorien, die angeblich die geheimen Regierungspläne der Linken offenlegen. Dieses Narrativ erlaubt es der Rechten, das Versagen im Umgang mit Sozialismus zu erklären und sich als Opfer eines unbesiegbaren politischen Gegners darzustellen. Nachdem das Gespräch über die Frankfurter Schule aus der Mode gekommen ist, scheint CRT diese Lücke zu füllen.
Es bleibt abzuwarten, wann die Rechte auf die nächste “geheime Wahrheit der Linken” stößt, nachdem zuvor “Rules for Radicals” und die Frankfurter Schule thematisiert wurden.