Die Weimarer Republik, Deutschlands erster demokratischer Versuch, kam unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg und endete mit Hitlers Machtergreifung im Jahr 1933. Inmitten dieser Widersprüche wird die Ära oft für ihre Dekadenz bemerkt: Frauen erlebten eine Selbstbefreiung, die sie nie zuvor gespürt hatten, Homosexualität war etwas weniger tabu, und Alkohol floss in den Tanzlokalen und Venues in ganz Berlin. Berlin gewann in den 1920er Jahren durch eine Neuordnung seiner Grenzen und einen Zustrom von Einwanderern den Ruf, die drittgrößte Stadt der Welt zu sein. Diese Immigranten, darunter Kriegsversehrte, Mitglieder der Oberschicht, Industriearbeiter und Künstler, brachten eine Vielfalt an Erfahrungen mit sich, die Weimar-Berlin schnell zu einem Studium der Kontraste machten.
Die Ausstellung “Pracht und Elend der Weimarer Republik” in der Schirn Kunsthalle Frankfurt zeigt zeitgenössische Künstler, die den Moment eingefangen haben. Mit 190 Werken von 62 verschiedenen Künstlern aus der Weimarer Ära konzentriert sich die Ausstellung auf das Unbehagen, das damals herrschte. Die Werke spiegeln nicht nur den Inhalt, sondern auch die Motive und Stile wider, die von den aufsteigenden Dada- und Kubistischen Kunstrichtungen beeinflusst wurden.
Die Weimar-Ära-Künstler, Schriftsteller und andere Kulturschaffende waren darauf bedacht, die Turbulenzen und den Wirbel der Zeit einzufangen. Alfred Döblin beschrieb in seinem 1929 veröffentlichten Roman “Berlin Alexanderplatz” eine Straßenszene, die leicht vorstellbar ist und die nach industriellen Fortschritten und Wohlstand im Nachkriegsland klingt. Die sozialen Ungleichheiten, die mit der wirtschaftlichen Depression einhergingen, werden auch in der Kunst dieser Zeit reflektiert.
Die Künstler und ihre Zeitgenossen zeigten den Kampf für die Demokratie und spiegelten die Realität des Lebens in einer sich im Übergang befindlichen Gesellschaft wider, die zwischen Krisen gefangen war. Die Neue Sachlichkeit-Kunstbewegung war gefüllt mit politischer und gesellschaftlicher Kritik, die den wirtschaftlichen Graben unter der Industrialisierung aufzeigte. Durch die Dokumentation der Widersprüche der Zeit wurde auch die moderne Kunst erwachsen.
“Inmitten der negativen soziopolitischen Entwicklungen, die die Künstler so präzise in ihren Werken beschreiben, war es in der Weimarer Republik, dass die Moderne, die bis heute unser Leben prägt, entwickelt wurde”, sagte Ingrid Pfeiffer, die Kuratorin der Ausstellung. “Die Weimarer Republik war eine progressive Ära, in der viele wegweisende Ideen entstanden sind – nicht nur in der Kunst, Architektur und Design. Neben dem offensichtlichen Elend sind es diese Tendenzen, die für mich den Glanz der Weimarer Republik ausmachen.” Die Ausstellung läuft vom 27. Oktober 2017 bis zum 25. Februar 2018.