Von 20. Juni bis 15. September 2024 präsentiert die Schirn Kunsthalle Frankfurt in einer großen Einzelausstellung zwei neue Werke der Künstlerin Selma Selman (*1991). Die Künstlerin, die sich selbst als “die gefährlichste Frau der Welt” bezeichnet, ist vor wenigen Jahren selbstbewusst in das Rampenlicht der internationalen Kunstwelt getreten. Zusammen mit ihrer Familie zerlegt Selman ehemalige Statussymbole wie Mercedes-Benz-Autos vor Publikum, um die noch verwendbaren Edelmetalle zu gewinnen. Sie gibt in ihren gesprochenen Performances Ausdruck für Wut und ihren Drang, Machtverhältnisse umzukehren.
Selman erforscht in verschiedenen Medien Erfahrungen mit Diskriminierung, Gewalt, Sexismus und Patriarchat in auffälliger Weise. Ihre vielschichtige Arbeit umfasst Performances, Skulpturen, Gemälde auf Autoteilen und Schrottmetall, Zeichnungen und Videos. In der Schirn präsentiert die Künstlerin farbige Bleistiftzeichnungen, kleine Skulpturen aus Edelmetallen und zwei Performances, die zentrale Themen ihres Werks aufgreifen, sowie zwei neu geschaffene Werke: Die Installation “Flowers of Life” (2024) und der Film “Crossing the Blue Bridge” (2024).
Der Direktor der Schirn Kunsthalle Frankfurt, Dr. Sebastian Baden, betont: “Selma Selman ist eine der dynamischsten Künstlerinnen der jüngeren Generation. Sie arbeitet eng mit ihrer Familie in ihrer hochgradig emanzipatorischen Arbeit zusammen. In ihren Performances überträgt sie die Realität des Lebens nicht privilegierter Minderheiten in den Ausstellungsraum. Selmans Arbeit ruft nach einer kulturellen und wirtschaftlichen Neubewertung scheinbar festgefahrener Normen, Werte und Zuschreibungen. Für die Ausstellung in der Schirn hat die Künstlerin zwei neue, umfangreiche Werke geschaffen.”
Die Ausstellung dreht sich um das neu konzipierte Werk “Flowers of Life” (2024), das der Ausstellung ihren Titel gibt. Diese umfangreiche Installation verweist auf den Lebensunterhalt ihrer Familie, der das Sammeln und Wiederverkaufen von Schrottmetall einschließt. In Selma Selmans Aneignung werden die massiven Greifermaschinen, die normalerweise auf Baustellen und Schrottplätzen zu finden sind, in blumenähnliche kinetische Skulpturen umgewandelt, die von einem Motor angetrieben werden und langsam auf- und zugehen. Im Inneren zeigen sie Gemälde der Künstlerin.
Der Film “Crossing the Blue Bridge” (2024) basiert auf den Erinnerungen ihrer Mutter an Erlebnisse in ihrer Heimatstadt Bihać während des Bosnienkrieges (1992–95). Selman macht diese Familienerfahrungen zum Ausgangspunkt, um sich selbst als feministische und aktivistische Künstlerin zu positionieren, die sich jetzt international für ihre Gemeinschaft einsetzt.
Die beiden neuen Produktionen in der Schirn werden durch zusätzliche ausgewählte Werke aus Selmans Werk ergänzt, darunter zwei scheinbar minimalistische Objekte, “Platinum (Axe)” (2021) und “Motherboards (A Golden Nail)” (2023), die aus intensiven Body-Art-Performances entstanden sind. Zwei Serien von farbigen Bleistiftzeichnungen, “Superpositional Intersectionalism – Sleeping Guards” (2023–fortlaufend) und “Superpositional Intersectionalism – Ophelia’s Awakening” (2024), zeigen intime Beobachtungen weiblicher Figuren, die sich in surreale Hybride mit fließenden Identitäten verwandeln. Live-Performances der Künstlerin finden im Laufe der Ausstellung statt.
Matthias Ulrich, Kurator der Ausstellung, über die Künstlerin: “Selma Selman kombiniert partizipative Kunst, institutionelle Kritik, Aktivismus und Performance in ihrer Arbeit. Im Zentrum steht die Künstlerin selbst. Mit einer protestierenden Stimme und visionären Präsenz spricht sie in ihrer Kunst. Sie stellt sich buchstäblich zur Schau und nutzt ihren Körper, ihre Stimme und ihre Identität als Medium für ihre künstlerische Praxis und Selbstermächtigung. Echter gesellschaftlicher Wandel und gesellschaftliche Transformation, die Visualisierung und Ermächtigung marginalisierter Gruppen und ihrer Gemeinschaft, sind immer das ultimative Ziel ihrer Kunst.”
“Crossing the Blue Bridge” wird in Zusammenarbeit zwischen der Schirn Kunsthalle Frankfurt, der Röda Sten Konsthall in Göteborg und der Europäischen Kulturhauptstadt Bad Ischl Salzkammergut 2024 realisiert. Die Ausstellung “Selma Selman: Flowers of Life” wird von den SCHIRN ZEITGENOSSEN mit zusätzlicher Unterstützung der Kummer-Vanotti-Stiftung und dem Königreich der Niederlande unterstützt.
Ein Katalog “Selma Selman: Flowers of Life”, herausgegeben von Matthias Ulrich, mit einem Interview der Künstlerin von Hans Ulrich Obrist, Beiträgen von Theresa Dettinger, Catherine Nichols und Matthias Ulrich sowie einem Vorwort des Direktors der Schirn Kunsthalle Frankfurt, Sebastian Baden, wird in einer deutsch-englischen Ausgabe veröffentlicht.