In der Kunst ist die Vorstellungskraft sowohl ein Segen als auch ein Fluch. Jedes Bild wird, indem es betrachtet wird, zu einem Kommunikator, der in intellektuelle Räume eindringt oder, wenn es in drei Dimensionen wahrgenommen wird, zu einem feindlichen Gegenteil wird, das nur darauf wartet erobert zu werden oder das sofort mit voller Ablehnung konfrontiert wird. Kunst bewegt sich im Allgemeinen in diesem Spannungsfeld. In der Ausstellung visuelle Semiotik adressieren die Künstler jedoch ausdrücklich die Verständlichkeit der Kunstwerke und regen die Sinne mit scheinbar lesbaren Formationen und Inhalten an.
Alle Bilder in der Ausstellung können als abstrakt betrachtet werden, sind aber nicht illusionär in der gewählten Darstellungsweise. Thomas Locher etwa verzichtet auf das deutsche Pronomen “uns” und präsentiert dies in kreuzförmiger Gestalt. In einem anderen Werk verwendet er eine scheinbar systematische Sequenz von Zahlen und schafft so ein Feld von Verständnis und Missverständnis. Mit der Entwicklung der Technologie hat sich auch unsere Erfahrung von Bildern natürlich weiterentwickelt.
In den Arbeiten von Nadine Fecht erscheint aus der Ferne eine Reihe von Zeichen einfach als Grauwert, enthält aber gleichzeitig Inhalte, für die man buchstäblich genauer hinsehen muss. Wilhelm Mundt stellt einen seiner Trashstones aus und setzt einen besonderen Ton für die Zivilisation, indem er Abfall verwendet, um glänzende Skulpturen zu schaffen. Albrecht Schniders Gemälde nutzen diese Umstände, sind aber frei von Bedeutung. Mit Strukturorientierung, leichter Berührung und sorgfältiger Komposition setzt Karim Noureldin eine Tradition fort, die in fast allen Kulturen verankert ist. Dana Greiner wiederum nutzt symbolische Elemente und Farbwahl, um allgemeine ästhetische Vorstellungen zu unterlaufen und so die kulturellen Bedingungen der Unsicherheit zu nutzen.
Präzision und Handwerk als Voraussetzung für die Kunst sind ein altes Klischee. Nicolas Jasmin überträgt ihre Werke in der Ausstellung, die als Flächenmalereien ausgeführt sind, auf einen Laseremitter, der einige Bereiche der Bilder “überarbeitet” und so die Farbwerte ändert. Ernst Caramelle schließlich stellt in der Ausstellung die Illusion und Realität abstrakt durch Flächenmalerei in Frage, indem er in seinen Bildern zeigt, dass Raum eine intellektuelle Konvention ist, die sich aus der Verwendung von Farbe und Erfahrung, Vertrautheit und Unmöglichkeit ableitet.